«Tüend doch bitte teile!»

…ist eine der meistgehörten Aufforderungen überall wo Kinder zusammen leben und spielen. Kinder, die ihre Spielsachen mit anderen teilen gelten als umgänglich und grosszügig, und jene, die ein „Alles-meins-Verhalten“ an den Tag legen, eher als egoistisch. So ist es Eltern oft peinlich, wenn ein Kind das Spielzeugauto partout nicht mit den Spielkameraden teilen möchte. Das Teilen ist eine soziale Fähigkeit und hat bei den Eltern einen hohen Stellenwert auf der Erziehungsagenda.

Nicht nur hinsichtlich der Kindererziehung ist Teilen (auf englisch Sharing) für Eltern attraktiv. Die Vorteile, die dem Sharing und der wachsenden «Sharing Economy» zugeschrieben werden, wie der Zugang zu günstigeren Gütern, grössere Auswahl oder nachhaltiger Umgang mit Ressourcen, sind besonders für Familien ansprechend. Dazu kommt, dass Nutzen statt Besitzen gerade bei Kindern besonders Sinn macht. Nun stellt sich die Frage, sind die Angebote der heutigen «Sharing Economy» in der Schweiz auch familien- und kinderfreundlich und welche Plattformen und Angebote gibt es, die besonders für Familien geeignet sind? Nachstehend werden einige in der Schweiz etablierte Sharing-Angebote in den Bereichen Carsharing, Bikesharing, Sharing von Alltagsgegenständen und Sharing von Unterkünften auf ihre Familien- und Kinderfreundlichkeit beurteilt.

Kinder in einem Cargobike (Foto: wittco.gmbh, Flickr)

Familienleben mit Carsharing

Wie das Familienleben mit Carsharing bewertet wird, hängt von der Erreichbarkeit der geteilten Autos und von der Zuverlässigkeit und Dichte des öffentlichen Verkehrsnetzes ab, und damit natürlich vom jeweiligen Ort, wo die Familie lebt. In Städten und gut erschlossenen Gemeinden können Familien dank Carsharing auch ohne eigenes Auto mobil sein. Flexibilität ist wichtig für den Familienalltag und diese ist mit dem dichten Netz und den 10 unterschiedlichen Fahrzeugkategorien von Mobility Carsharing (www.mobility.ch) gewährleistet. Mit Mobility kann man das passende Auto zum Anlass auswählen. Einen kleineren Wagen, um die Kinder zum Fussballtraining zu fahren und einen Kombi, Minivan oder  SUV für den Wochenendausflug in die Berge. Der Vorteil ist also, das Auto wächst mit. Leider sind in den Mobility-Autos jedoch keine Kindersitze vorhanden. So kann es für Familien mit kleineren Kindern umständlich sein, wenn die eigenen Kindersitze jedes Mal mitgeschleppt werden müssen. Immerhin bietet Mobility eine praktische Lösung für Kinder zwischen 4 und 11 Jahren an: Der Trunki BoostAPak ist Sitzerhöher und Rucksack in einem und bringt alle sicherheitstechnischen und praktischen Vorteile mit sich. Er entspricht ganz dem Gedanken der kombinierten Mobilität, lässt er sich doch mit seinen leichten 1,5 Kilogramm einfach von A nach B transportieren und vom Kind selbst als Rucksack tragen.

Die Vorteile von Carsharing für Familien bestehen vor allem in den Kosteneinsparungen. Anschaffungs- und Unterhaltskosten vom eigenen Auto fallen weg. Auch die Vielfalt an Fahrzeugmodellen, welche für jeden Anlass das passende Auto bietet ist toll. Der Nachteil ist das Kindersitz-Thema. Schön wäre es, wenn es wie bei der SBB, wo es gekennzeichnete Familienwagen gibt, auch bei Mobility und Sharoo gekennzeichnete «Familienautos» gäbe, bei welchen Kindersitze im Kofferraum verstaut sind.

Ein weiteres Carsharing-Angebot, mit welchem Familien mobil sein können, ohne die Kosten des eigenen Autos zu tragen, ist Sharoo (www.sharoo.ch). Ähnlich wie bei Mobility, einfach von privaten Autoanbietern, kann man für den passenden Anlass das passende Auto mieten. Nutzen Familien Mobility und Sharoo in Kombination, haben sie die optimale Verfügbarkeit und Flexibilität, die das Familienleben ohne Auto verlangt. Jedoch besteht leider auch bei Sharoo das Problem mit den Kindersitzen. Es sind zwar Autos mit Kindersitzen verfügbar, diese können auf der Buchungsplattform jedoch nicht mittels Filterkriterium gesucht und gefunden werden.

Keine Kinderfahrräder im Bikesharing-Betrieb

Möchten Familien auch für kürzere Strecken innerhalb der Stadt Sharing-Angebote nutzen und auf den Kauf der eigenen Fahrräder für die Kinder verzichten, wird es schwieriger. Es gibt zwar viele Bikesharing-Anbieter in der Schweiz, welche in den Städten ein dichtes Netz aufweisen, jedoch bieten die Anbieter keine Kindervelos oder Velos mit Kindersitzen an.

Das zurzeit einzige Sharing-Angebot in der Schweiz, bei welchem Kinder mit dem Velo unterwegs sein können, ist carvelo2go (www.carvelo2go.ch). Carvelo2go bietet 170 elektrische Cargo-Bikes oder «Carvelos» in 36 Schweizer Städten und Gemeinden an (Übersicht der cavelo2go-Standorte: https://www.carvelo2go.ch/de/standorte/). Mit den Lastenfahrrädern lassen sich zwei Kinder optimal transportieren. Kinder lieben die Carvelos: Sie sitzen vorne und sehen, was abgeht. Neben dem Spassfaktor für die Kinder weist das Cargo-Bike gegenüber dem klassischen Fahrradanhänger auch klare Vorteile punkto Sicherheit und Fahrkomfort auf. Die Kinder befinden sich stets im Blickfeld des Fahrers. So kann man sich auf die Fahrt konzentrieren und verliert trotzdem nicht aus den Augen, was die Kleinen gerade treiben. Dass die Carvelos für Familien geeignet sind, zeigen auch die Nutzerdaten aus dem Jahr 2018: Der/die typische carvelo2go-Nutzer/in ist zwischen 25 und 44 Jahre alt, hat Kinder und ist gut ausgebildet. Zudem sind die Lastenvelos am häufigsten für Einkaufsfahrten (41.5% Prozent) und Kindertransporte (42 Prozent) genutzt worden (Jahresbericht carvelo2go 2018).

Alltagsgegenstände und Kleider mieten

Kinder wachsen in den ersten fünf Jahren durchschnittlich einen halben Meter und machen bekanntlich bemerkenswerte geistige und physische Fortschritte. Da ist es logisch, dass der Kinderskischuh oder die Hüpfburg fürs Quartierfest nur für eine kurze Zeit oder für wenige Gelegenheiten gebraucht wird, und es sich für Eltern nicht lohnt diese Gegenstände anzuschaffen. Eine gute Option ist hier Sharely (www.sharely.ch). Sharely ist die Miet- und Vermietplattform für Alltagsgegenstände. Die Zielgruppe der Plattform ist breit und Familien zählen ganz klar zur Nutzergruppe dazu, denn auf Sharely können Eltern fast alles ausleihen, was das Kinderherz begehrt. Die gewünschten Gegenstände kann man nach Distanz zum eigenen Zuhause suchen, schliesslich will niemand für die Kügelibahn durch die halbe Schweiz fahren. Genauso einfach wie man mietet, kann man natürlich auch vermieten.

Eine weitere Sharing-Plattform, durch welche das Teilen der Alltagsgegenstände mit Nachbarn einfacher wird, ist Pumpipumpe (www.pumpipumpe.ch). Bei Pumpipumpe steht noch mehr als bei Sharely der Nachbarschaftsgedanke im Vordergrund und das Ausleihen ist gratis. Pumpipumpe verschickt gegen einen Kostenbeitrag von 5 Franken ein Stickerset mit Bildern von Veloanhängern, Schlitten, Tischtennisschlägern, etc. Wer Gegenstände gratis verleihen möchte, klebt die passenden Sticker an seinen Briefkasten. Damit nicht nur die direkten Nachbarn, sondern auch der Rest des Quartiers über das Angebot Bescheid weiss, sind alle markierten Briefkästen auf einer Karte online abrufbar.

Prädestiniert zum Teilen sind auch Kinderkleider, welche man auf der Sharing-Plattform Sharely auch findet. Es gibt jedoch auch spezialisierte Sharing-Angebote für das Mieten von Baby- und Kinderkleidern. Bei Babybox-Schweiz (www.babybox-schweiz.ch) können Eltern hübsche Babykleidung aus nachhaltiger Produktion sowie weitere Produkte «rund ums Baby», die nur kurzzeitig benötig werden, mieten. Ein weiterer Anbieter ist LiMaLou (www.limalou.ch). Mit LiMaLou kauft man ein Abo zur Kleidermiete und hat so flexibel immer die richtige Grösse zu Hause.

Neben dem Vorteil dieser Sharing-Plattformen, dass phasenweise von vielen Gegenständen Gebrauch gemacht werden kann, ohne diese für immer besitzen zu müssen, können auch soziale Kontakte entstehen, wenn man sich mit Gleichgesinnten aus der näheren Umgebung austauscht und vielleicht sogar näher kennen lernt. Zusammenfassend kann man sagen, dass dank den Sharing-Angeboten im Bereich der Alltagsgegenstände und Kleider einem ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Familienhaushalt nichts mehr im Wege steht.

Mit Airbnb in den Familienurlaub

eit einigen Jahren stehen nicht mehr nur Einzelreisende im Zentrum der Marketingkampagnen von Airbnb, sondern auch Familien. Dies zurecht, denn die online-Plattform zur Buchung und Vermietung von Unterkünften bietet Familien eine kostengünstige Möglichkeit für Ferien und eine zusätzliche Einnahmequelle, wenn sie ihre eigenen vier Wände über die Plattform vermieten, während sie selbst in den Ferien oder für ein Wochenende weg sind. Auf der Plattform kann nach familien- und kinderfreundlichen Unterkünften gesucht werden. Wenn der Gastgeber das Kriterium «Familienfreundlichkeit» bei der Ausstattung seiner Unterkunft angegeben hat, sind Familien mit Babys und Kinder willkommen und die Unterkunft weist auch entsprechende Merkmale auf. Bei der Suche nach Unterkünften auf der Buchungsplattform können konkrete Ausstattungsmerkmale wie Babybett, Kindergeschirr, Hochstuhl, etc. angegeben werden.

Fazit: Gute Ausgangslage mit viel Luft nach oben

Wie man sieht, gibt es bereits einige Sharing-Angebote, die auch für Kinder ansprechend sind und es Familien ermöglichen, kostengünstig und ressourcenschonend ihren Alltag zu gestalten. Gleichzeitig ist offensichtlich, dass noch viel Verbesserungs- und Ausbaupotential in der Ausgestaltung der Angebotsmerkmale, vor allem bei den Mobilitätsangeboten (Kindersitze, Kindervelos, etc.), vorhanden ist. Momentan sind also die Angebote vieler Sharing-Anbieter nur ungenügend auf Familien als Zielgruppe ausgerichtet. Hierdurch wird ein grosses Marktpotenzial vergeben, gelten doch die Motivationsfaktoren zum Teilen, wie soziale Beziehungen und die Möglichkeit den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, gerade besonders für Familien.

Titelbild: Bogdan Dada 

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